ortsgestaltung
2008 – Markus Roithner
Viele Gemeinden unterziehen bzw. unterzogen sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten einem enormen Wandel. Die gesteigerte Mobilität der Bewohner, schnellere Verbindungen von A nach B, die Flexibilität am Arbeitsmarkt sowie die neuen und geänderten Strukturen und Bedürfnisse der Gesellschaft ließen an den Stadträndern Subzentren mit einer Vielzahl von Geschäften und Warenangeboten entstehen.
Während Groß- und Mittelstädte diesen Umstand vielleicht noch leichter verkraften, sind Dörfer, Märkte und Städte im ländlichen Raum mit einer neuen Gegebenheit konfrontiert: Absiedelung von Handel und Gewerbe und daher auch der Bevölkerung aus den historischen Kernen, die sich in weiterer Folge immer mehr ausdünnen, leer stehende Verkaufsflächen bis hin zu ganzen Gebäuden prägen seit dem in vielen Orten das Stadtbild. Über kurz oder lang droht in manchen Fällen sogar der Abriss und übrig bleiben Brachflächen, die im besten Fall als Parkplatz Verwendung finden.
In dieser Situation wird vielerorts über „Ortsbildgestaltung“ diskutiert, werden Vereine zur Förderung der Infrastruktur gegründet oder Arbeitskreise installiert. Dabei geht die Tragweite des Problems weit über die üblichen behübschenden Maßnahmen wie Blumenbeete, neue Stadtmöblierung oder der Neugestaltung einiger „hot spots“ hinaus.
“Ortsgestaltung” – wie es vielleicht richtigerweise heißen muss – beginnt beim Herausfiltern der Stärken und Besonderheiten der Orte, beim Erarbeiten von Konzepten für Neunutzungen von Gebäuden und brachliegender Flächen, bei der Suche nach Finanzierung und Sponsoring bis hin zum Marketing und endet schließlich bei der schrittweisen Umsetzung dieser Überlegungen. Ausgelegt auf einen sehr langfristigen Zeithorizont, sind dazu in weiterer Folge Maßnahmen zur Aufrechterhaltung von Stadtraum als Lebensraum gefragt.
Einen wichtigen Punkt bildet dabei die Vermittlung und die Einbindung der Bevölkerung in die einzelnen Prozesse. Auch um an die Verantwortlichkeit der Bürger zu erinnern, da in vielen Fällen der Gemeindeverwaltung bzw. der Politik die Hände gebunden sind (z.B. auf Grund der Besitzverhältnisse). Ihnen kommt daher vielmehr die Rolle eines Moderators zu. Das Zusammenführen von professionellen Planern mit potentiellen Financiers und allen interessierten Beteiligten obliegt den Gemeindevertretern, hier sollten alle Fäden zusammenlaufen.
Auch der Schritt zu neuen Gestaltungsformen darf nicht gescheut werden. Viele Gemeinden orientieren sich lieber an Klischees des ländlichen Bauens, die zwar in manchen Fällen keinerlei Tradition, aber dafür eine sehr hohe Akzeptanz haben. Dabei scheint niemand die städtebaulichen und architektonischen Chancen eines derartigen Umfelds zu erkennen. Eine neue Interpretation von Urbanität und Landschaft ist hier gefragt, wobei Interpretation nichts anderes als Gestaltung bedeutet.
Ein rechtzeitiges Umdenken muss stattfinden. Je früher man der Entwicklung entgegensteuert, desto leichter wendet sich das Blatt. Werden dazu noch neue Methodiken angewandt, erhalten Orte und vielleicht die gesamte Region positive Ressonanz bis hin zur Rolle des Vorreiters.